Geschichte(n) und Historisches

Ansichtskarte Oberdürenbach (etwa um 1910)
Ansichtskarte von Oberdürenbach (etwa um 1910) - vielen Dank an Stefan Oligschläger

Jugenderinnerungen an Oberdürenbach

In Oberdürenbach, wo ich 1928 geboren wurde, war früher alles herrlich grün, gemütlich und einfach schön. An allen Feldwegen standen alte Bäume. Gebildet wurde die Gemeinde Oberdürenbach, die in den 1930er Jahre rund 380 Einwohner zählte, aus den Dörfern Oberdürenbach, Büschhöfe und Schelborn.


Überwiegend waren hier kleine Bauern, ein paar Handwerker und Arbeitsleute daheim. In den 1930er Jahren war in der wirtschaftlich armen Zeit alles rar und knapp, nur „Pänz“ (Kinder) gab es viele.

 

Schüler aus Büschhöfe und Oberdürenbach gingen hier gemeinsam zur Schule. In der einklassigen Schule wurden damals etwa 70 Kinder unterrichtet. Im Winter wurde in der Klasse ein dicker eiserner Kanonenofen gestocht, und es wurde
richtig warm. Holz aus dem gemeindeeigenen „Büsch“ (Wald) und Briketts wurden verbrannt.


Die Straßen waren früher bessere Feldwege, samstags wurden sie im Idealfall mit Besen aus Birkenreisern gekehrt. Kuh- und Ochsengespanne prägten das Straßenbild, aber uns „Pänz“ gehörte die Straße. Überall konnten wir ungestört spielen. Autos waren eine Seltenheit.

 

Wenn der Winter streng und lang war, ging bei den Bauersleuten das Viehfutter aus oder wurde knapp. Das Vieh magerte ab. Sobald es dann grünte, ließ man die armen Tiere auf die Weide. Wintersamen (Raps) wurde gerupft und verfüttert. Mit dem ersten Klee wurde es dann für das arme Vieh besser.


Insgesamt erwachte im Frühjahr das Leben auf dem Lande. Überall liefen „Klucksen“ (Hennen) mit ihren „Kluckelchen“ (Küken) auf der Straße herum. Auch gab es kleine „Zeckelche“ (Zicklein) und „Lämmche“ (Lämmer). Auf den Feldern ging die Arbeit jetzt richtig los. Es wurden „Grombere“ (Kartoffeln) gesetzt, Knollen und Kohlraben gepflanzt.


Dann kam schon das erste Heumachen, dann die Getreideernte, zuletzt im Herbst wurden die Kartoffeln, Knollen und Kohlraben geerntet. Auch die Zwetschgen, Äpfel usw. mussten gepflückt werden.


Aber am Festtag des Heiligen Cornelius wurde im September Kirmes gefeiert. Ich erinnere mich noch daran, dass im Zelt und im Saal bei Weidenbach Tanzmusik war. Da ging es richtig rund. Damals gab es richtige Blasmusik und
keine „Kloppmusik“. Tanz war an zwei Tagen. Es wurde gut gegessen und tüchtig gefeiert.


Langsam ging es auf den Herbst zu, morgens war es schon nebelig und auch schon mal gereift. Die Schwalben waren fort und die ersten „Hollejanz“ (Kraniche) flogen meistens in Hakenformation schreiend in Richtung Süden. Mit schnellen Schritten ging es auf den Winter zu.


Wir „Pänz“ (Kinder) lernten schon früh unsere geliebte Heimat und die nahegelegenen Nachbardörfer kennen. Die Alten nahmen uns so ziemlich überallhin zu Fuß mit. Auf dem schnellsten Weg ging es über Dedenbach und Königsfeld nach Sinzig, über die Schirmau und Schalkenbach nach Ahrweiler und über den „Fußkopp“ und die Kohlstraße nach „Adde“ (Adenau). Durch das krumme Tal am Stockhof vorbei ging es nach Wollscheid zur „Mottejottes“ (Muttergottes), schließlich
noch über Holzwiesen und Hain zum Laacher See und über die Maarheide und Rodder nach Breisig. Nach „Zesse“ (Niederzissen) konnte man auch gut laufen.


In Oberzissen gingen wir zur Kirche, wurden getauft, empfingen die Erste Heilige Kommunion und konnten dort heiraten. Auf dem Kirchhof in Oberzissen fand man nach dem Tod, „wenn Feierowend wor“, auch die letzte Ruhestätte.


In Niederzissen war das Bürgermeisteramt. Wir nannten es einfach „em Bürro“. Das war ein einfacher Bau mit anfangs schätzungsweise 4 – 5 Mitarbeitern. Das ist überhaupt nicht mit der heutigen Verbandsgemeindeverwaltung Brohltal vergleichbar, in der viele Leute arbeiten. Aus meiner Sicht war früher alles doch viel einfacher, auch bei Behörden.

 

In unmittelbarer Nähe unserer Gemeinde lag das Gut Schirmau, welches von Baron Max von der Leyen ab 1910 in landschaftlich schön gelegener Waldgegend erbaut wurde. Es wurde erzählt, dass ein Lehrer namens Leiß aus Niederzissen mit einer Klasse einen Ausflug zur Schirmau unternommen hatte und dort unsanft von dem Anwesen vertrieben wurde. Darauf ließ der Lehrer seine Schulklasse sich vor dem Gut aufstellen und laut und deutlich
folgendes Lied singen:

 

„Was frag ich viel nach Geld und Gut,
wenn ich zufrieden bin.
Gott gibt mir nur gesundes Blut,
dann hab ich immer frohen Mut.“

 

Welch herrliche Einstellung eines Lehrers, ihm gilt mein Respekt.


Ja, so haben sich die Zeiten und auch die Leute in der Eifel geändert. Ich würde mir wünschen, dass es in unserer unruhigen und schnelllebigen Zeit mehr Miteinander geben würde, dass die Nachbarschaft geachtet und geschätzt
und auch der Heimatdialekt nicht untergehen würde. Für die Zukunft wünsche ich als ehemaliger Oberdürenbacher Junge nicht nur in meinem Heimatdorf allen viel frische Luft und Sonnenschein.

 

Gerhard Reuter

aus: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2012